Mit klaren Rollen Change & Transformation beschleunigen

27.05.2022 |

Rollenbasiertes Arbeiten als entscheidender Faktor für nachhaltige Veränderungen

Viele Unternehmen befinden sich gerade in einer umfassenden Transformation. In Transformations- oder Change-Prozessen wird das Unternehmen förmlich auf den Kopf gestellt. Abteilungen werden aufgelöst, neue kreiert oder zusammengelegt, meist wird eine neue Unternehmensstrategie definiert, die auch die Zusammenarbeit mit Dritten (Kundinnen oder Geschäftspartnern) neu ordnet. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen sich in die neue Struktur einfinden, intern optimal zusammenarbeiten, um auch den von außen wirkenden Veränderungen und dem Umgang mit Externen gewachsen zu sein. Als extrem wertvoll – und als echter Change-Beschleuniger – erweist sich aus meiner Sicht das rollenbasierte Denken und Arbeiten in Unternehmen, das alle drei Ebenen adressiert: Wandel auf kultureller, kollaborativer sowie auf Führungsebene.

Was ist rollenbasiertes Arbeiten und welche Vorteile hat der Role-based Approach?

Mit rollenbasiertem Arbeiten kreiert man eine Hierarchie von Kompetenzen, in der jeder Einzelne eine klar definierte Rolle einnimmt, die seinen Fähigkeiten entspricht und Entscheidungskompetenzen beinhaltet. Was ist das Bahnbrechende daran? Nicht die Schulterklappen (als die Führungskräfte) entscheiden über das Vorgehen in Projekten, sondern die Expertinnen, die den besten Über- und Einblick haben, entscheiden gemeinsam mit den relevanten Projektpartnern. Dieses rollenbasierte Arbeiten bietet zahlreiche Vorteile:

  • Die Rollen fragmentieren die Arbeit des Teams und machen sie visibel.
  • Sie schaffen ein Profil, das sich an Stärken und den Präferenzen der Einzelnen ausrichtet. Das sorgt für mehr Spaß bei der Arbeit und gibt Raum für Intuition.
  • Die Abgrenzung von Teams wird flüssiger, die Einzelnen können verschiedene Rollen und mehrere Schnittstellenfunktionen einnehmen.
  • Prozesse und Projekte werden dynamischer und flexibler.
  • Anforderungen werden an die Rolle und nicht an die Personen gestellt.
  • Entscheidungen werden entsprechend der Rolle getroffen. So wird in kritischen Momenten nicht die Person, sondern die Rolle kritisiert – ein sehr positiver Aspekt für die Zusammenarbeit

Mit Rollen kann also eine Grundvoraussetzung für erfolgreiche Teams geschaffen werden. Aber denken Sie auch an das Onboarding von neuen Kolleginnen oder Kollegen. Wird das nicht deutlich einfacher, wenn klare Rollen und Entscheidungskompetenzen definiert sind?

Was ist eine Rolle und wie definiert man sie?

Gehen wir nun vom Gesamtbild des rollenbasierten Ansatzes etwas mehr ins Detail. Was ist eigentlich eine Rolle und wie definiert man sie? Eine Rolle hat einen Namen, einen Zweck und eine Verantwortlichkeit. Sie beschreibt ein Ergebnis oder ein Ziel, nicht wie sie ausgeführt wird. Rollen sind kleine Verantwortungsbereiche, die von einer oder mehreren Personen besetzt werden. Hier zeigt sich besonders deutlich der Unterschied zum nicht-rollenbasierten Arbeiten, bei dem einer Person mit einer festen Jobbeschreibung Aufgaben zugeteilt werden.

Die Grafik zeigt das Modell rollenbasierten Arbeitens. Eine Rolle kann von mehreren Personen aus-geführt werden, eine Person kann aber verschiedene Rollen ausführen.

Quelle: Charlotte Heidsiek

Im rollenbasierten Ansatz hingegen werden Rollen nach Themengebieten, nicht nach Personen festgelegt. Rollen können geschaffen werden, wenn sie gebraucht werden, können aber auch wieder abgeschafft werden. Sie können mehrfach zugeordnet oder im Zeitverlauf geändert werden, entsprechend entsteht die besagte Dynamik und Flexibilität. Eine Rolle entsteht immer, wenn eine Verantwortlichkeit keine Entscheidungskompetenz hat. Erfüllt keiner die offene Verantwortlichkeit, entsteht ein Spannungsfeld, das von einer Rolle gelöst werden kann. Eine Rolle wahrzunehmen, heißt im Übrigen nicht zwangsläufig, dass eine Person sie vollständig selbst erfüllen muss – sie kann sich durchaus Hilfe von anderen oder Externen holen.

Wenn nun alle rollenbasiert und agil arbeiten: Was macht dann die Chefin oder der Chef?

Abteilungs-, Bereichs- und Teamleiter:innen sind bereits tief in die Kreation der Rollen eingebunden. Natürlich werden die Rollen und Verantwortlichkeiten gemeinsam mit dem Team festgelegt, dennoch nehmen Chefinnen und Chefs hier eine entscheidende Funktion ein. Denn sie sind diejenigen mit dem „bigger picture“, wissen über Berührungspunkte mit anderen Teams und Auswirkungen von Prozessanpassungen auf andere Abteilungen. So sind sie also bereits zu Beginn stark involviert. Nach Implementierung des rollenbasierten Arbeitens sind Aufgaben klar verteilt, Entscheidungskompetenzen klar festgelegt und es gibt Schnittstellenbeschreibungen mit anderen Abteilungen.

Man könnte meinen, Manager:innen seien dann überflüssig – weit gefehlt. Chefinnen und Chefs müssen ihre Mitarbeitenden im weiteren Verlauf befähigen, ihre jeweiligen Rollen optimal ausfüllen zu können. Bei Schwierigkeiten unterstützen, vermitteln und deeskalieren sie. Außerdem leiten sie ihre Mitarbeitenden konsequent an, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich nicht zu verzetteln. Sie stellen also sicher, dass das übergeordnete Ziel einer Rolle weiterverfolgt und im Blick behalten wird. Obwohl Schnittstellen zu anderen Abteilungen oft durch die definierten Rollen gelöst werden, bleiben den Manager:innen genug übergreifende Schnittstellentätigkeiten, die über die einzelnen Rollen hinausgehen und den Austausch mit anderen Abteilungs-, Bereichs- oder Teamleiter:innen erfordern.

Erfolgsfaktoren von rollenbasiertem Arbeiten

In einer komplexen Arbeitswelt und einer agilen Organisation haben Rollen wie gesagt multiple Schnittstellen zu anderen Bereichen des Unternehmens. Es lohnt sich also, Rollen nicht nur innerhalb von Teams, sondern auf Unternehmensebene zu denken, um u.a. auch Silodenken vorzubeugen.

Rollenbasierte Organisationen:

  • haben einen klaren Unternehmenszweck, einen erkennbaren Zweck der einzelnen Rollen, und eine klare Definition, wie die Rolle auf den Unternehmenszweck einzahlt
  • arbeiten in und am System, sowohl strategisch als auch operativ
  • erkennen und bearbeiten Spannungen oder Spannungsfelder
  • haben einen klaren Feedback-Prozess, sodass Spannungen direkt geklärt werden können

Inhaber von Rollen:

  • übernehmen Verantwortung für ihre Rolle
  • kümmern sich um alle Anliegen, die die Rolle betreffen
  • treffen Entscheidungen innerhalb ihrer Rolle. Wenn nötig, können sie auch delegieren.
  • kontrollieren sich selbst und schaffen Transparenz für ihre Rolle
  • werden durch Coachings und Trainings oder bei der Schaffung einer neuen Rolle unterstützt

Verschiedene Ansätze zur Einführung von rollenbasiertem Arbeiten in Unternehmen

Wenn ich Unternehmen auf ihrem Weg zu rollenbasiertem Arbeiten begleite, gehe ich schrittweise vor. Eine grobe Laufrichtung wird zunächst auf Topmanagement-Ebene abgestimmt. Im weiteren Verlauf spreche ich mit Bereichs- und Teamleitern und setze dann Gruppensessions auf. In diesen Gruppensessions definieren wir gemeinsam die Rollen und ich unterstütze Einzelne dabei, wie sie ihre Rollen konkret ausfüllen. 

Ich arbeite hier mit verschiedenen Ansätzen, je nachdem, welcher für das Unternehmen passend ist. Ein Ansatz ist das Holocracy-Modell, ein Konzept für agiles Organisieren. Das Unternehmen wird dabei von einer funktionsbezogenen Hierarchie in eine rollenbasierte, agile Organisationsstruktur überführt. Dieses Konzept eignet sich besonders gut bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. In großen Unternehmen arbeite ich oft mit dem Leadership-Rollenmodell, das das Unternehmen in vier Bereiche gliedert: Strategie, Menschen, Prozesse und Expertise. Aus diesen Bereichen werden dann jeweils die Rollen und Schnittstellen definiert, die nötig sind, um die vier Bereiche auszufüllen.

Tipps & Tricks für rollenbasiertes Arbeiten

Tatsächlich gibt es neben den beiden genannten Ansätzen noch diverse andere Modelle, rollenbasiertes Arbeiten in Organisationen einzuführen. Meine klare Empfehlung ist jedoch, die Konzepte nicht 1:1 zu übertragen oder anzuwenden, sondern individuell auf die Herausforderungen des Unternehmens und die Menschen darin einzugehen. Hier ein paar weitere Tipps, die ich aus meiner täglichen Praxis gerne an Sie weitergebe:

  • Wenn Sie keine Erfahrung mit Rollen haben, starten Sie mit wenigen Rollen oder einem einzigen Unternehmensbereich.
  • Im Projektverlauf kann es durchaus einmal zu Spannungen kommen. Gehen Sie sportlich damit um. Nehmen Sie die Spannungen wahr, eruieren sie den Grund und sehen Sie sie als treibende Kraft für Veränderung.
  • Unterschätzen Sie das Projekt nicht. Es ist komplex und erfordert von den Beteiligten Offenheit, Transparenz und Eingriffe in ihre Arbeitsbereiche. Ich empfehle Ihnen, das Projekt extern begleiten zu lassen.

Wenn Sie das beherzigen, gelingt es Ihnen, Ihre Transformation sowohl kulturell, kollaborativ als auch auf der Führungsebene fest und nachhaltig im Unternehmen zu etablieren. Lust, mit mir einen Schritt von der Theorie in die Praxis zu machen? In Kürze finden Sie in meinem Blog ein Beispiel aus meiner Praxis als Organisationsentwicklerin und Coach. Bei Fragen oder Interesse, auch Ihr Unternehmen mit rollenbasiertem Arbeiten fit für die Zukunft zu machen, melden Sie sich gerne!

 

Titelbild: Lanydd Lloyd – Unsplash

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